ERSTE GEMEINSAME FORTBILDUNG VERSCHIEDENER AKTEURE DES GESUNDHEITSWESENS

Das Ziel ist klar definiert und seine Erfüllung von allen Beteiligten als unbedingt erforderlich erkannt: Die Therapiesicherheit beim Einsatz von Arzneimitteln muss erhöht werden. Um das zu erreichen, wollen sich in Bochum die verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens stärker als bisher vernetzen. Das ist das wichtigstes Ergebnis einer ersten gemeinsamen und gut besuchten Fortbildungsveranstaltung des Medizinischen Qualitätsnetzes Bochum (MedQN), des Hausärztenetzes, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Apothekerkammer und des Chefarztbeirates des MedQN, in der sich Ärzte und Apotheker im vollbesetzten Veranstaltungsraum der Viactiv Krankenkasse mit dem Thema „Patientenmedikation und Therapiesicherheit im Spannungsfeld Praxis-Apotheke-Klinik-Kassenärztliche Vereinigung-Kostenträger“ befassten.

Das Problem ist nicht neu, wie Dr. Christian Möcklinghoff (2. Vorsitzender des MedQN, das das Treffen initiiert hatte) eingangs erklärte. Viele Patienten wissen nicht oder nicht genau, welche und wie viele Medikamente sie verwenden oder wie sie diese einnehmen sollen; vielfach werden die verordneten Arzneimittel auch gar nicht eingenommen. Das alles ist inzwischen mit Studien und Untersuchungen belegt und wurde in der Fortbildungsveranstaltung vom Hausarzt Gerhard Seeliger und der Apothekerin Dr. Inka Krude in ihren Vorträgen bestätigt. Die Gefahr: Durch eine fehlende Übersicht über die Gesamt-Medikation können für einen Patienten fatale gesundheitliche Folgen durch unerwünschte Nebenwirkungen entstehen, wenn z.B. nachbehandelnde Ärzte etwa bei einer anstehenden Operation keine Kenntnis vom Einsatz bestimmter Mittel haben.

Ein Medikationsplan oder Medikamentenpass soll die Informationslücken schließen. „Das ist DAS Instrument für Therapiesicherheit“, sagte Isabel Waltering (Apothekerkammer Westfalen-Lippe). Die Kammer beschäftige sich seit 2012 mit dem Thema. Eine ganz wichtige Erkenntnis sei: „Wir müssen die Patienten mitnehmen“. Es gebe gute Erfahrungen aus Modellprojekten in Deutschland, die auch in die Arbeit in Bochum einfließen könnten. Hier gibt es seit einigen Monaten den Medikamentenpass, den eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Medizinischen Qualitätsnetzes und Apothekern entwickelt hat. Darüber hinaus existieren Medikamentenpläne von verschiedenen Organisationen und Anbietern. Das neue E-Health-Gesetz soll hier eine deutschlandweite Vereinheitlichung bringen. Andreas Daniel vom Stabsbereich Politik und Public Affairs der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ging auf Inhalte und Fahrplan des neuen Gesetzes ein, das den elektronischen Medikationsplan vorschreibt – zunächst auf Papier seit Oktober 2016. Andreas Daniel: „Patienten, die mindestens drei Medikamente gleichzeitig verordnet bekommen, haben gegenüber ihren behandelnden Ärzten einen Anspruch auf die Ausstellung eines patientenverständlichen Medikationsplans auf Papier. Der Arzt muss seine Patienten über diesen neuen Anspruch informieren und den Plan, wenn nötig, auch aktualisieren. Apotheker können sich an der Aktualisierung des Medikationsplans beteiligen, sofern der Patient dies wünscht.“ Es sei vorgesehen, den Plan bis Ende 2017 auf der Versicherungskarte zu speichern. Allerdings müsse die Telematik-Infrastruktur noch aufgebaut werden; Tests seien im ersten Quartal 2017 geplant.

Roland Wien, Vorstand der Krankenkasse Viactiv, berichtete von vier Arztnetzen, mit denen seine Krankenkasse per Vertrag Arzneimittel-Checks vereinbart habe. Er setze für die nahe Zukunft auf die Telematik, um die Vernetzung der Akteure zu verbessern. Bis dahin sei ein Medikamentenplan auf dem Papier erst einmal hilfreich, aber nicht die Lösung.

In Bochum soll bis zur endgültigen gesetzlichen Einführung eines einheitlichen Medikationsplans weiter der Medikamentenpass des Medizinischen Qualitätsnetzes und Bochumer Apotheken ausgegeben werden. Damit er und auch der demnächst bundesweit einheitliche Medikationsplan seinen/ihren Zweck auch tatsächlich erfüllen, müssen die Patienten einbezogen und über die Bedeutung informiert werden: Darin waren sich alle beteiligten Organisationen des ersten Bochumer Treffens zum Thema „Patientenmedikation und Therapiesicherheit“ einig. Denn der Patient muss den Plan wollen und anfordern – er wird nicht automatisch erstellt.

Die beteiligten Ärztenetze und die Apotheken wollen künftig gemeinsam auf vielfältige Weise die Öffentlichkeit über das Thema informieren, um auch die wichtige Rolle des Patienten deutlich zu machen. Dazu wird das Ärztenetz MedQN auf der nächsten Gesundheitsmesse im RuhrCongress am 2. April 2017 dieses Thema zu einem Schwerpunkt machen. Darüber hinaus sollen weitere Veranstaltungen stattfinden, um die Vernetzung zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken für eine optimale Gesundheitsversorgung weiter zu verbessern.