In den Zeiten der Pandemie lernen wir ständig dazu. Unser Wissen über Veränderungen der Erreger und unser Wissen über die Funktion unseres Immunsystems wächst ständig. Bisher haben wir uns nicht vorstellen können, welche Bedeutung die Mutationen von Erregern auf dem Wege der Evolution macht und welche Rolle das für den Verlauf der Krankheitsgeschehen bedeutet. Das Genom ist die Erbanlage eines Lebewesens oder eines Virus. In Form der DNA oder der RNA sind die Zellen des Individuums oder der Viren programmiert und stellen die Grundlage für die Vermehrung dar. Die Genommutation ist eine Veränderung in der Zahl der Chromosomen eines Organismus oder einer Zelle. Diese Veränderung wird an die Tochterzellen weitergegeben. Chromosomenmutationen sind sichtbare Strukturveränderungen des Erbguts.
Zurzeit erleben wir Mutationen der Krankheitserreger, sowohl des SARS-CoV-2-Virus als auch des Affenpockenvirus. Der Erreger des aktuellen Ausbruchs von Affenpocken und Covid19 ist laut einer Studie überraschend stark mutiert. Verglichen mit verwandten Viren aus den Jahren 2018 und 2019 gebe es rund 50 Unterschiede im Erbgut, schreiben portugiesische Forscher in Fachzeitschriften. Dies sei weit mehr als anhand früherer Schätzungen für diese Art von Erreger zu erwarten gewesen wäre: grob sechs- bis zwölfmal mehr. Der abweichende Zweig könne ein Zeichen beschleunigter Evolution sein. Die Arbeit stützt sich vor allem auf Analysen von portugiesischen Fällen.
Bisher hatten Fachleute mit Blick auf diese Art von Affenpocken-Viren von einer grundsätzlich eher langsamen Entwicklung gesprochen – insbesondere verglichen mit den sehr zahlreichen Mutationen von SARS-CoV-2. Die Autoren einer Studie vermuten hinter dem aktuellen Ausbruch eine oder mehrere Einschleppungen aus einem Land, in dem das Virus dauerhaft vorkommt. Superspreader-Events und internationale Reisen schienen dann die weitere Ausbreitung befördert zu haben. Die Daten liefern zusätzliche Hinweise auf anhaltende virale Evolution und mögliche Anpassung an die Mutationsrate, diese sei unerwartet und überraschend hoch, erklärte der Experte der Universität Basel. Die Mutationen hätten ein ganz spezifisches Muster. Die Autoren vermuteten, dass Enzyme des menschlichen Immunsystems für diese Veränderungen im Genom verantwortlich sind. Bei Affenpockenviren ist die Rate etwa bei einer Mutation pro Genom pro Monat – mit „einiger Unsicherheit“, sagte Richard Neher, Experte vom Biozentrum der Universität Basel. SARS-CoV-2 habe etwa zwei Mutationen pro Genom pro Monat, doch dies Genom sei etwa siebenmal kleiner. Solche Vergleiche der Mutationsraten seien jedoch nicht sehr aussagekräftig und sagten nur wenig über die relative evolutionäre Wandelbarkeit der Viren aus.
mt