Wenn Patienten fünf oder mehr Medikamente einnehmen, sprechen wir von Multimedikation. Mehr als 14 % der Patienten erfüllen dieses Kriterium; das ergibt sich aus den Auswertungen der Verordnungen im Kassenärztlichen System. Weitere 6 % nehmen sieben oder mehr und immerhin noch 2 % mehr als zehn Wirkstoffe ein.

Einige Krankheiten erfordern die Behandlung mit mehreren Medikamenten, insbesondere, wenn auch die Prävention einer Progression mit ins Auge gefasst wird. Allen voran ist es die koronare Herzerkrankung, die zu vielen Verschreibungen führt. Aber auch Erkrankungen wie Demenz, Typ-2-Diabetes, COPD oder Osteoporose sind häufig Grund für eine breitangelegte Medikation. Gerade die koronare Herzerkrankung wird oft begleitet von einer Herzinsuffizienz oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörung. Bei älteren Menschen kommen auch andere Erkrankungen begleitend hinzu, wie zum Beispiel Erkrankungen des Bewegungs- und Skelettapparates oder neurodegenerative Erkrankungen. Schnell ergeben sich dann Situationen, in denen mehr als 20 Tabletten verschiedener Wirkstoffgruppen täglich eingenommen werden.

Doch alles zu verordnen, was angezeigt ist, ist nicht die Lösung. Eine Auswahl der notwendigen Medikation muss getroffen werden, indem ein Ziel definiert wird, das dem Patienten am meisten gerecht wird unter Berücksichtigung der Lebensqualität und der Lebenserwartung. Das setzt aber voraus, dass die Medikation kontinuierlich überprüft wird und gegebenfalls aktuell angepasst wird. Es bedarf Hilfestellungen, wie dies effizient und qualifiziert gelingt. Befristete Therapien werden häufig nicht als solche gekennzeichnet und Bedarfsmedikation wird manchmal zur Dauermedikation. Dauertherapie ist manchmal nicht mehr erforderlich. Die Palliativsituation sollte ebenfalls in die Betrachtung mit einfließen. Hilfestellung gibt die Hausärztliche Leitlinie Multimedikation der AWMF. Die AWMF ist die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften.

Quelle: Vortrag „Multimedikation“ von Prof. Dr. med. Elke Roeb, Justus-Liebig-Universität Gießen