Wir brauchen neue Pflegekonzepte. In dieser Woche findet in Berlin der diesjährige Deutsche Pflegetag statt. Hier sollte über neue Ideen gesprochen werden. Die alternde Gesellschaft stellt uns vor neue Herausforderungen. Sowohl im stationären Pflegebereich, in den Krankenhäusern aber auch in der ambulant tätigen Pflege wird weiter an alten Gewohnheiten festgehalten. Es fehlt der Mut, Neues einzuführen. Weiterhin werden Beruhigungsmittel dauerhaft eingesetzt, obwohl von ihnen Gefahren ausgehen, wie z. B. die Sturzgefahr, sagt der Geriater Heinrich Burkhardt, Direktor der Uniklinik Mannheim. Sedativa und Psychopharmaka haben ihre Berechtigung in der punktuellen Behandlung von Krisen. Aus den Beneluxstaaten sind überzeugende Alternativen aus der geriatrischen Forschung bekannt, die auf Strukturierung des Alltags und „Meaningful Activities“ (sinnvolle, sinnstiftende Aktivitäten, z. B. Fotos betrachten, Musikhören, Malen usw.). Auch wird in Deutschland mehr Wert auf Formalien gelegt. Wir brauchen kreative Strukturen, die die Patienten selbst nachvollziehen können und die einen Alltagssinn ergeben. Wir brauchen ein humanes Umfeld und nicht vorrangig die ökonomische Effizienz. Ein vertrauensvolles Umfeld, auch der Umgang der Mitarbeiter untereinander, Vermeidung von Stressfaktoren, Lichtkonzepte, Hörerlebnisse, Zuwendung und harmonische Umgebung. Gerade sensible Menschen profitieren. Die neuen Konzepte sollten auch die potenziell demenzgefährdeten Menschen berücksichtigen. So können ergotherapeutische und psychotherapeutische Elemente mit aufgenommen werden. Viele Senioren haben Ängste. Auch Ältere können Strategien erlernen, wie man mit solchen Bedrückungen ohne Einnahme von Medikamenten umgehen kann. Der alte Mensch blickt auf sein Leben zurück und weiß, um die Endlichkeit dieses Lebens. Er hat das Interesse, den Rest dieses Lebens mit viel Lebensqualität zu füllen. Auch hierbei ist Hilfe möglich, zum Beispiel mit Biographiearbeit. Die Wertschätzung der Vergangenheit unterstützt die Selbststärkung, auch das spart Medikamente. Hier spielen die Pflegenden und die Angehörigen eine wichtige Rolle. Natürlich müssen die Pflegeeinrichtungen personell quantitativ und qualitativ gut ausgestattet sein. Hier spielt dann nicht die ökonomische Effizienz die entscheidende Rolle. Das humane, stressfreie Umfeld in der Pflege entlastet auch die Pflegenden und macht den Beruf attraktiver.

In der Zukunft müssen kreative Möglichkeiten gesucht werden z. B. mit betreuten Gruppen Demenzkranker, Seniorenwohngemeinschaften und Stärkung dörflicher Strukturen für Behinderte oder Gebrechliche.

11.10.2021